2022 - 2024
Gemeinsam Hunger beenden
Beschreibung
In Solidaritätsgruppen organisierte Menschen in Madagaskar arbeiten auf ein nachhaltiges Ernährungssystem und bessere Lebensbedingungen hin.

Auf der gut 400 Kilometer vor Ostafrika im Indischen Ozean gelegenen Insel Madagaskar ist die Nahrungsversorgung unsicher. Hitze und Trockenheit, mangelnder Zugang zu Wasser und fehlende rechtliche Absicherung von Landbesitz, die das Durchsetzen von Forderungen möglich machen würden, sind die Hauptgrunde dafür. Das Land mit dem fünftniedrigsten pro-Kopf-Einkommen weltweit hat zudem weder eine ausgebaute Infrastruktur noch ein funktionierendes Staatswesen. Dazu kommen häufige tropische Wirbelstürme, die zwar Regen übers Land bringen, aber auch verheerende Zerstörung. 80 % der Menschen leben von der Landwirtschaft. Nach der Ernte sind viele von ihnen gezwungen, ihre Produkte zu Schleuderpreisen zu verkaufen, um angehäufte Schulden für Schulgelder und Medikamente bezahlen zu können. In der Zeit zwischen den Ernten mangelt es an Nahrung und Geld, weshalb die Leute ihren Grundbedarf zu viel höheren Preisen unter Aufnahme von Wucherzinskrediten decken müssen. Dies führt zu neuen Schulden, Verarmung, Unterernährung, Überschuldung und Schuldknechtschaft.
Vision
Durch Bildung von Solidaritätsgruppen gemeinsam mit lokalen Partnerorganisationen Schulden tilgen, Ernährung sichern und somit Hunger beseitigen.

Ansatz
Arme Bäuerinnen und Bauern in den Dörfern werden von Animator: innen der Partnerorganisationen ermuntert, sich zu Gruppen zusammen zu schliessen. Die 10–20 Mitglieder einer einzelnen Gruppe wählen drei Führungspersonen (Präsident: in, Kassierer: in und Aktuar: in) und erstellen ein eigenes Reglement, das unter anderem festlegt, wieviel und wie oft sie Geld oder Nahrungsmittel in eine gemeinsame Kasse einzahlen. Mit den Ersparnissen können sich die Mitglieder in Notfällen bei fehlender Nahrung, Unfall oder Krankheit sowie wenn alle Kinder gleichzeitig Schulmaterial brauchen, aushelfen. Die Gruppenmitglieder unterstützen sich zudem gegenseitig bei der schweren Feldarbeit oder pflanzen gemeinsam Reis, Maniok oder Gemüse an. Diese Zusammenarbeit erhöht ihre Nahrungsmittelproduktion und verbessert ihre Ernährungssicherheit. Die meisten Mitglieder der Spargruppen sind nach zwei bis drei Jahren schuldenfrei.
Wirkung
65,416 Mitglieder (61,099 im 2023) von Solidaritätsgruppen im Projektgebiet sind Ende 2024 dank der Spargruppen schuldenfrei, darunter 53 % Frauen
13,701 oder 60 % der Haushalte im Einsatzgebiet haben bis Ende 2024 agroökologische Anbaumethoden eingeführt (weniger Dünger, bessere Bodenqualität, gesündere Ernährung)
Der Solidaritätsgruppenansatz zeigt gerade bei sehr armen Menschen beeindruckende Veränderungen
Story
Besseres Leben dank Solidaritätsgruppe
Jean Marie Rakotondrahasy ist sehr dankbar– nicht zuletzt dank Rafaly Ratsoahelilala. Sie leitet seit 2015 die NGO TSANTA (kurz für Tsinjo Ainja Antananarivo; Tsinjo Ainja bedeutet “das Leben absichern”), eine Partnerorganisation von Fastenaktion. «Madame Lala brachte uns die Grundlagen der agrarökologischen Landwirtschaft bei und öffnete uns so den Weg für eine bessere Zukunft», sagt der heute 42-jährige Rakotondrahasy. «Das bis anhin brachliegende Land der Grosseltern wurde zu fruchtbarem Boden, auf dem wir Reis und eine Vielzahl von Gemüsesorten wie etwa Süsskartoffeln anbauen.»
Das von Fastenaktion unterstützte Projekt erreicht derzeit etwa 10’000 Menschen in den Regionen Antsirabe II., Analamanga, Vakinakaratra und Itasy, mehr als die Hälfte sind Frauen. «Und unsere Bemühungen gehen über den reinen Kampf gegen die Verschuldung hinaus», betont Rafaly Ratsoahelilala. «Wir wollen ganze Solidaritätsnetzwerke schaffen.» Der Einfluss der Projektarbeit sei in vielen Dörfern spürbar. Eine ländliche Gemeinde habe sich gar komplett von Schulden befreien können. «Diese Transformation zu sehen, ist unglaublich befriedigend.»
Eine solche Transformation hat auch die Familie von Jean Marie Rakotondrahasy erlebt. Sein ältester Sohn, Tanjona (22), arbeitet heute erfolgreich in einem Unternehmen, das Teigwaren herstellt; die anderen Kinder gehen zur Schule. Ihre Eltern derweil planen, die landwirtschaftliche Produktion zu vervielfachen. Damit möchten sie sich ein eigenes Haus leisten – und ein Zebu-Rind, ein Symbol des Wohlstands in der Region.
«Das Projekt hat unser Leben verändert», sagt Rakotondrahasy, der heute optimistisch in die Zukunft blickt. «Wir sind entschlossen, alle Herausforderungen zu meistern und eine bessere Zukunft für die kommenden Generationen zu schaffen.»
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